Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank. Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste auf der Tribüne, Zuschauerinnen und Zuschauer am Livestream, vor dem Hintergrund des heutigen Datums bedarf es unter Demokraten sicher keiner Diskussion darüber, ob wir in Thüringen der humanitären Verpflichtung nachkommen und Menschen aufnehmen, die aus ihrem Land vertrieben werden. Ich habe bereits vorhin im Rahmen einer anderen Aktuellen Stunde versucht, deutlich zu machen, dass an allen Stellen in Thüringen Menschen darum ringen, diese geflüchteten Menschen unterzubringen und mit einer Grundlage zu versorgen. Ich habe auch versucht, deutlich zu machen, dass das nicht immer einfach ist. Wir kommen an mehreren Stellen im Land an räumliche, finanzielle und personelle Kapazitätsgrenzen. Das müssen wir sehen und darauf muss der Freistaat unterstützend reagieren. Wir müssen auch sehen, dass gerade diejenigen, die tagtäglich versuchen, eine Lösung zu finden, teilweise an die Grenzen ihrer Kräfte stoßen. Die Ängste und Sorgen müssen wir uns anhören und anerkennen. Auch darf nicht jede Frage mutwillig falsch verstanden werden. Es hilft nicht, Verantwortungsträger in Misskredit zu bringen. Das ist es auch, was ich meinte, wenn ich vorhin darauf hingewiesen habe, dass die beiden Sichtweisen, die hier durch diese beiden Aktuellen Stunden deutlich werden, von Rechts und von Links, in ihrem jeweiligen Absolutheitsanspruch in ein Dilemma führen, weil sie den Dialog erschweren.
Ich habe sehr wohl die Geschichte im Blick. Der 9. November vor 84 Jahren muss uns allen Mahnung sein. Er zeigt, zu welchen grausamen Taten Menschen in der Lage sind, wenn sie sich von Fanatikern anstecken lassen. Er zeigt, wie schnell Hass auf Menschen, die anders denken, glauben oder aussehen, eine Lösung zu sein scheint für die eigenen Ängste und Sorgen. Um das zu lösen, hilft es aber nicht, Labels zu verteilen. Wenn es Herausforderungen gibt, müssen diese auch benannt werden, nicht um zu denunzieren, sondern um eine Lösung finden zu können.
Selbstverständlich müssen wir als Demokraten immer wieder wachsam sein, dass die Erklärungen nicht zu einfach werden, dass die Erklärungen nicht plötzlich in der Natur des einen oder anderen Menschen liegen. So schwer es ist, politische Kommunikation muss immer wieder erklären und wir alle müssen Legendenbildung entgegenwirken. Vor allem Menschen, die an der Basis vor Ort mit allen Seiten zu tun haben, müssen Werkzeuge in die Hand bekommen, um auf abstruse Thesen entgegnen zu können. Dafür müssen sie aber auch das Gefühl haben, dass ihnen im Zweifel der Rücken gestärkt wird. Sie müssen mit Überzeugung auf unsere Regeln verweisen und sicher sein können, dass sie durchgesetzt werden. Wenn sich zum Beispiel die Mitarbeiterinnen in den Kommunalverwaltungen in ihrer Arbeit aber gerade von den Entscheidungsträgern übergeordneter Ebenen allein gelassen fühlen, dann wird es schwer, krude Theorien, in welcher Form auch immer, im Keim zu ersticken.
Nelson Mandela hat gesagt: „Niemand wird mit Hass auf andere Menschen geboren. Hass wird gelernt.“ Es gilt also mal ausnahmsweise, das Lernen möglichst zu verhindern. Dafür brauchen wir aber in aller erster Linie Sachlichkeit und Dialogbereitschaft. Dafür werbe ich.